Mittwoch, 30. März 2011

WO SIE RECHT HAT, HAT SIE RECHT.

"Ich singe praktisch den ganzen Tag. Das bedeutet nicht, dass ich es kann. 
Ich bin eine miserable Sängerin. Das bedeutet nicht, dass ich es nicht darf."
- Meine Schwester

ICH WILL JA AUCH NICHT, ABER...

Manchmal wollen wir etwas nicht mögen, können aber nicht anders. Alles in unserem Kopf ruft: "Stopp, lass das! Das geht nicht!", doch unser Herz will einfach das Gegenteil. Ohne auch nur ein bisschen beeinflussbar zu sein, bringt es uns dazu, Dinge zu tun oder zu sagen, die einem nach zu viel Nachdenken und Abwägen lächerlich, unwichtig, dumm erscheinen.
Ich fühle mich manchmal so hilflos, wenn ich gesagt habe, was ich wirklich sagen will. Wenn ich mein Herz in Einklang mit dem gebracht habe, was aus meinem Mund kommt. Total offenbart stehe ich da, angreifbar und verletzlich: Doch ich vertraue dem, dem ich mich geöffnet habe. Wäre kein Vetrauen da, würde ich mich auch niemals so sehr entblößen. Die Wünsche und Träume siegen über den Verstand und auch wenn alle Maßstäbe und Normen, die ich so habe, dagegen sprechen, schreit alles in mir laut und ich kann dann nicht mehr anders als die Wahrheit zu sagen. Die pure Warheit, und tut sie mir noch so weh.
"MOSTLY I HATE IT THAT I DON'T HATE YOU. NOT EVEN CLOSE. NOT EVEN A LITTLE BIT. NOT EVEN AT ALL."

ES GIBT DA SO EIN GERÜCHT...

Gerüchte sind selten was Gutes. Habt ihr schonmal ein nettes Gerücht über jemanden gehört? Nein? Ich auch nicht. Wenn ja, dann schätzt euch glücklich. Die Gerüchte, die ich mir bisher so anhören musste, waren eigentlich immer nur dazu da, Leuten zu schaden und Unheil anzurichten. Ganz interessant ist es auch, abstruse Fragen von Menschen zu bekommen, mit denen man noch nie zuvor geredet hat. Jetzt plötzlich interessieren sie sich für einen - "Du, ich hab da sowas gehört... Stimmt das?"
Nein, das stimmt nicht. Nein, da hast du falsch gehört. Hallo?! Du kennst mich doch gar nicht! Natürlich nicht! Was für eine Wirkung irgendein Klatsch und Tratsch hat, ist schon verblüffend. Nur weil plötzlich jeder darüber redet und Mutmaßungen anstellt, muss es doch noch lange nicht stimmen. Ein Gerücht kann eigentlich gar nicht stimmen. Frage drei verschieden Leute darüber aus und du bekomst drei verschiedene Versionen - eine unrealistischer als die andere.

Wisst ihr, was ich noch schlimmer finde, als Gerüchte über einen selbst zu hören? Gerüchte über Freunde zu hören, die dann auch noch stimmen. Wenn eine wirklich gute Freundin mir nämlich etwas verschweigt oder eben nicht erzählt und ich es erst durch den allgemeinen Pausenhoftratsch mitbekomme, stimmt doch irgendwas nicht. Entweder, sie vertraut mir nicht oder sie will mich schützen. Was beides irgendwie Blödsinn ist. Ich weiß auch keine Erklärung, ich weiß nur, dass es mich traurig macht.
Es wäre schön gewesen, hättest du es mir erzählt.

I C H   H Ä T T E   D I R   Z U G E H Ö R T .

Donnerstag, 24. März 2011

ICH BIN IMMER JULE.

Wenn ich von dem "Jetzt" spreche, ist das eigentlich schon eine Lüge, denn es ist sofort vorbei. Ich war noch nie älter als jetzt. Und jetzt. Und jetzt. Versteht ihr, was ich meine? Es lässt sich nicht aufhalten. Wir werden älter, alles verändert sich und vergeht eines Tages. Wir Menschen haben dieser mysteriösen Kraft, diesem unermüdlichen Weiterlaufen der Veränderung einen Namen gegeben. Es ist die Zeit.
Sie vergeht, da können wir gar nichts dagegen tun. Als Kind scheint sie wahnsinnig langsam zu gehen, viele wünschen sich, auch bald groß zu sein und Dinge zu tun, die Kinder eben nicht tun können. Und dann ist man eines Tages "groß" und alles, was von der Kindheit übrig ist, sind vereinzelte Erinnerungsstücke und naürlich man selbst. Denn ob es um das vierjährige Julchen geht, das ihre Mama voll Ernsthaftigkeit fragt, ob das Christkind eigentlich nachtaktiv sei, oder um die erwachsene Frau, die ich irgendwann mal sein werde: Ich bin immer ich.
Zeit vergeht, Dinge wandeln, Entscheidungen werden getroffen - das Leben verändert sich. Ich aber bin immer Jule. Ich wünsche mir sehr, dass ich als Siebzigjährige immer noch sagen werde: "In mir steckt das Kind von einst. Ich bin das Kind von einst, ich bin Julchen." Jeder ist einmal Kind gewesen. Ob er sich noch aktiv daran erinnert, ist eine andere Frage. Es wäre wohl schön, wenn es mehr Leute täten.
Aber wisst ihr was? Ich denke, jeder von uns hat diese Fähigkeit. Ich denke, die Kinder im Inneren der allermeisten Leute leben immer noch und ab und an blitzen sie durch die müden und alt gewordenen Augen. Wie durch ein Wunder scheint das ganze Gesicht zu leuchten, all der Frust löst sich in ein offenherziges Lächeln auf und jeder kann es sehen: Das Kind von einst, das wir immer noch sind.

D I E   V E R G A N G E N H E I T   -   S I E   W I R D   U N S   B E G L E I T E N   B I S   I N   D I E   E W I G K E I T .

Montag, 21. März 2011

ICH BIN DER HERR MEINER HANDSCHELLEN

Ich fühle mich gut. Mag man mir vielleicht nicht sofort glauben, wenn man meine letzten drei Artikel gelesen hat, aber es ist so. Gerade der letzte Artikel war mehr eine Gedankenspielerei, eine Sammlung an wunderbaren Zitaten und eine Erinnerung daran, was hinter jedem von uns liegt und auch auf jeden von uns noch wartet.Doch jetzt bin ich erstmal in der Gegenwart. Hier und jetzt, Montag Abend im Wohnzimmer und so müde, dass ich nur die Augen kurz schließen müsste, um sofort zu schlafen.
Ich bin sechzehn, sitze momentan nicht ganz so gemütlich und schreibe. Ich höre auch Musik nebenher und trage Socken, was mich enorm stört. Einen Moment, bitte.
So, jetzt ist es besser. Ich schlafe auch niemals mit Socken. Das liegt teils natürlich daran, dass ich generell ziemlich viel Wärme in mir habe und mir viel zu langsam kalt wird, aber auch daran, dass ich mich eingesperrt fühle.
Ich habe mal gehört, das habe was mit dem Kreislauf zu tun und mit dem Blut, das durch die Socken ein wenig am Fluss gehindert wird, doch bin ich mir da nicht so sicher. Es liegt vielleicht auch daran, doch kenne ich meinen verkopften Kopf gut genug, um eine weitere Erklärung zu haben.
Mit Uhren und Armbändern geht es mir nämlich gleich. Fühle ich mich eingeengt, unfrei und beschränkt, mache ich einfach mein Handgelenk frei und fühle mich um Welten besser. Warum ich überhaupt erst was an meinen Arm dran mache, wenn es mich ab und zu so sehr stört? Nun, das ist ganz einfach. Würde ich nämlich nichts anziehen, hätte ich auch nichts zum ausziehen, um mich dadurch besser zu fühlen.

D A S   I S T   W I E   W E N N   M A N   S C H L A F E N   G E H T ,   U M   M O R G E N S   W I E D E R   A U F Z U S T E H E N .

WEINEN, SCHREIEN, LEIDEN

"Schreiben: Ein Schrei gegen das Verderben! - das ist es genau. Nicht ein Protest - ein Schrei." - Katherine Mansfield

Wenn ich schreibe, bitte ich nicht um eine sofortige Veränderung und verlange auch nicht sofortiges Handeln meiner Leser, sondern teile mich erstmal nur mit. Ich lasse meinen Gedanken freien Lauf und schreie sie hinaus in die Welt, ohne meinen Mund auch nur aufzumachen. Ich kann vollkommen verstehen, wenn Leute Schreiben als anstrengend oder lästig empfinden, doch ich liebe es. Es hilft mir. So insgesamt. Es hilft mir, meine Gedanken zu ordnen und das zu sagen, wozu ich im Alltag nicht komme.

"Was ist ein Dichter? Ein unglücklicher Mensch, dessen Lippen so geformt sind, dass sein Seufzen und Schreien sich in schöne Musik verwandelt, während sich in seiner Seele geheime Qualen verbergen."  Søren Kierkegaard  

Dem ist nichts hinzuzufügen.

"Ich weine wohl oft bittre, bittre Tränen, aber eben diese Tränen sind es, die mich erhalten." - Susette Gontard

Ich will auch mal traurig sein dürfen. Den ganzen Tag nur grinsend durch die Gegend zu laufen ist zwar wirklich angenehm und macht Spaß, doch manchmal geht das einfach nicht. Mal die Seele baumeln lassen, abschalten. Auf die Stimme in meinem Herzen hören kann nämlich auch mal bedeuten, dass ich einfach nicht mehr lauthals lachen möchte. Wenn sie schlechte Gefühle anstauen, müssen diese raus. Und was ist da besser geeignet, als Tränen? Es gibt wohl nicht viel. All der Schmerz, der Kummer und die Sorgen bündeln sich in den Tränen und verlassen die Augen, um über das Gesicht zu rollen und am Kinn schließlich den Absprung in die Welt zu wagen, um mich endgültig zu verlassen. Oder habt ihr vergossene Tränen etwa schon mal wieder eingesammelt und wieder zurück genommen?
Was da ansonsten gut geeignet wäre? Worte.

"Ich weine - meine Träume fallen in die Welt." - Else Lasker-Schüler

"Ich beeile mich, über alles zu lachen, aus Furcht, einen Augenblick später darüber weinen zu müssen." - Pierre Augustin de Beaumarchais 

Some people feel the rain. Others just get wet. - Bob Dylan

Montag, 14. März 2011

INS LEBEN STÜRZEN

Ab und zu tut es mir gut, mich einfach auszuklinken und Beobachter zu spielen. Als sei ich in einem Kino, setze ich mich irgendwo hin, lasse meinen Blick schweifen und gebe mich schlicht und ergreifend den Eindrücken und den Farben hin.
Es ist nicht nur unterhaltsam, sondern manchmal auch wahnsinnig berührend. Heute sah ich beispielsweise zwei kleine Mädchen, wie sie leuchtende Augen hatten, als sie ihr selbst gebasteltes Spiel das erste Mal spielten. Auch toll finde ich Schmetterlinge, die gemeinsam eine Wiese entlang fliegen und immerzu umeinander kreisen, als gäbe es nichts anderes auf der Welt.
Wäre es nicht schön, für einen Tag oder eine Woche oder einen Monat so zu leben, wie ein Schmetterling? Immerzu nur um das kreisen, was wir lieben, den ganzen Tag nur das tun, was uns gefällt. Mal ehrlich: Wir verbringen an einem Tag doch viel zu viel Zeit damit, über das zu jammern, was wir haben und uns eine schönere, bessere Alternative zu wünschen. Ich liebe es abgrundtief, zu träumen. Damit meine ich nächtliche Träume ebenso wie Tagträume.
Wie wäre es, wenn diese Träume einfach umgesetzt würden? Relativ häufig stelle ich mir Gesprächsabläufe vor, die ich nie führen werde. Warum nicht? Fehlt mir der Mut oder ist es ganz einfach Angst? Angst vor dem Unveränderlichen, vor den Konsequenzen, vor zu viel Realität.
"So, meine kleine Amélie. Sie haben keine Knochen aus Glas. Sie dürfen sich ins Leben stürzen. Die Chance dürfen Sie nicht ungenutzt vorbeiziehen lassen, sonst wird Ihr Herz mit der Zeit nach und nach so trocken und verletzlich wie mein Skelett. Also, verdammt noch mal: Los jetzt!" - Die fabelhafte Welt der Amélie
 Das ist ein schöner Wunsch. Mehr von den Dingen tun, von denen ich träume. Ich versuche es mir zu Herzen zu nehmen und werde beim nächsten Tagtraum intensiv darüber nachdenken, ob sich eine Umsetzung in die Realität nicht lohnen würde.

E I N S   W Ä R E   S I E   A U F   J E D E N   F A L L :   A U F R E G E N D .

GEFESSELT UND GEKNEBELT

Nicht oft bin ich sprachlos. Meistens rede ich einfach so drauf los und spreche sehr viel von dem aus, was mir im Kopf herum schwirrt. Vielleicht sollte ich daran mal arbeiten und irgendwie sparsamer mit meinem Atem umgehen, doch das ist eine andere Geschichte.
Ich möchte jetzt lieber über das Phänomen der Sprachlosigkeit schreiben, das wohl jeder von uns kennt und doch niemand kontrollieren kann. Der aufmerksame Leser wird jetzt wohl anmerken wollen, dass man verdammt wenig kontrollieren kann in dieser Welt und in diesem Leben, da hat er auch vollkommen recht. Dennoch trifft es diese Umschreibung sehr gut: Wenn ich nämlich keine Worte mehr finde, meine Gefühle auszudrücken oder wenn ich gar nicht weiß, was das jetzt überhaupt für Gefühle sind, die da in meinem Körper hin und her springen, dann kann ich gar nichts dagegen tun. Wie gefesselt stehe ich da, geschockt, überwältigt und überfordert zugleich. Ich kann mich nicht wehren, die Situation entgleitet mir und ich fühle mich ein wenig, als würde ich fallen.
Ohne auch nur irgendeine Richtung zu spüren, falle ich und bin dennoch festgebunden am Boden, nicht fähig zu antworten. Durch beispielsweise einen Satz, ein Gespräch, eine Beleidigung, ein Kompliment, eine Geste, ein Blick oder eine seltsame Begebenheit kann ich beinahe den Sinn für Raum und Zeit verlieren, meine Sprache wird still gelegt und es fühlt sich ein bisschen so an, als würde mein Herz langsam aber sicher zerreißen.
Kurios, wie solch ein Zustand einfach mal kurz in fünf Minuten entstehen kann und durch irgendwas total Normales wieder weggeblasen wird wie ein Staubkorn im Wind. Irgendwie werde ich nämlich immer wieder in die Realität zurück geholt, wenn ich sprachlos war. Plötzlich ist der Strudel der Gefühle weg und ich kann wieder klar denken, auch wenn ab und an ein etwas dumpfes Gefühl übrig bleibt.

S O   F Ü H L E   I C H    M I C H   E X T R E M   S E LT E N ,   H E U T E   A B E R   V I E L   Z U   O F T .

Donnerstag, 10. März 2011

"WÄHREND IHR HETZT, BIN ICH."

Irgendwo auf dieser Welt gibt es einen Mann, der absolut zufrieden ist. Momentan sitzt er inmitten von beschäftigten Leuten, die den ganzen Tag mit ihrem Telefon an den Ohren und einem vollen Terminkalender durch die Stadt rasen, um rechtzeitig zu ihrem Meeting oder zur nächsten S-Bahn zu kommen. Er lächelt.
In einem kleinen Café lässt er sich eine heiße Schokolade schmecken, während die Welt um ihn herum im Chaos versinkt. Die S-Bahn hat Verspätung, das Handy hat den Geist aufgegeben und dieser verfluchte Terminkalender wurde im Büro vergessen; außerdem hat der Chef das Meeting um zwanzig Minuten verschoben, was die komplette Tagesplanung durcheinander wirft.
So kommt es, dass drei gestresste und geladene Geschäftsmänner ebenfalls das Café betreten, um die Zeit zur nächsten S-Bahn, dem verschobenen Meeting oder bis zur Ankunft des Taxis zurück ins Büro zu überbrücken. Am Tisch unseres lächelnden Protagonisten sind noch drei Plätze frei, weswegen die drei Herrschaften mit hochroten Köpfen nicht lange zögern. Vollkommen irritiert von der Ruhe, die den Schokoladentrinker umgibt, können sie sich weder auf ihre Bestellung noch auf die Zeit konzentrieren.
"Sag, wie kommt es, dass du so ausgeglichen bist?", fragen sie staunend und kommen nicht aus dem Kopfschütteln heraus. "Musst du nicht arbeiten? Wie kannst du einfach hier sitzen und lächeln? So ganz alleine... Hast du denn nichts zu tun?" Erst bringt er nur ein erheitertes Lachen zustande, dann antwortet er unbeirrt: "Auch ich habe meine Bahn verpasst. Bis die nächste kommt, dauert es noch eine halbe Stunde. Und die verbringe ich lieber gemütlich im Sitzen, als so gehetzt wie ihr."
Das verstehen die anderen nicht. Erzürnt entgegnen sie, dass sie doch auch hier sitzen und auf die Bahn warten, um dann zu ihren Terminen zu kommen.
"Eben.", antwortet er gelassen, "Das ist das Problem. Ihr sitzt, seid aber eigentlich schon in der Bahn. Wenn ihr in der Bahn seid, seid ihr schon bei eurem Termin und wenn ihr dann euren Termin habt, denkt ihr schon lange darüber nach, was als nächstes getan werden muss. Wenn ich dagegen sitze, sitze ich. Und wenn ich Kakao trinke, trinke ich ihn. Während ich warte, warte ich. So einfach ist das."
Darauf erwidern sie nichts. Stille. Mit offenem Mund denken die drei Gestressten über das Gesagte nach und als sie kurz davor sind, zu verstehen, klingelt irgendwo im Café ein Handy und erinnert sie daran, dass sie dringend noch in einen Fachhandel müssen, um sich vor dem Meeting noch ein neues Handy zu besorgen. Also packen sie ihre Mäntel und rennen aus dem Café heraus ohne sich zu verabschieden, schließlich kommt die nächste S-Bahn schon bald. Wo ist denn nun das nächste Elektronikgeschäft? Immer noch mit hochrotem Kopf verschwinden die drei Gestalten im Tumult der Großstadt, wohlwissend, dass sie ihre nächste S-Bahn auch verpassen werden.

U N T E R D E S S E N   G E H T   D E R   M A N N   G E M Ü T L I C H   Z U R   B A H N   U N D   S T E I G T   E I N.

Mittwoch, 9. März 2011

MEINE PINNWAND

Oft wird darüber geredet, dass es Abwechslung braucht. Überall. In der Arbeit, im Freundeskreis, bei Unternehmungen, zu Hause. Das ist auch ein Grund dafür, warum ich eine Pinnwand bei mir im Zimmer hängen habe.
Entschuldigt bitte die grauenvolle Qualität, die Webcam leistet einfach nicht so viel. Das Bild dient auch eigentlich nur dazu, meine Erzählung ein bisschen greifbarer zu machen. Das Ding, was da rechts runter hängt zum Beispiel, ist eigentlich eine rote Krawatte. In natura erkennt man das wunderbar, nur waren eben die Lichtverhätnisse in meinem Zimmer nicht... ideal. :D
Ich benutze diese Pinnwand nicht wie vielleicht vermutet als Erinnerung daran, was noch alles zu erledigen ist und woran ich unbedingt denken muss (wobei das vielleicht auch ganz praktisch wäre :D). Ich benutze sie vielmehr als Ort, an dem Erinnerungen fest gehalten werden. Einige Fotos hängen dort, Liedtexte, Gedichte, Postkarten, eine niedliche Papiertüte, in der ich besondere Briefe aufbewahre, Bahnkarten und Buttons. Alles, was mir in irgendeiner Weise wichtig erscheint, aber keine materielle Funktion erfüllt, landet dort. Ständig verändert sich diese Pinnwand: Ob ich nun selbst Dinge abhänge (und sorgfältig verstaue), aufhänge oder überhänge, oder ob ich Besuch kriege, der spontan irgendwas verändert: Es lebt. In der Adventszeit zum Beispiel war sie knallbunt, da ich jeden Tag ein Gedicht auf buntem Papier von meiner Mutter bekam. Ab Neujahr war sie dann recht leer, jetzt ist sie gerade wieder ziemlich gefüllt.
Ich weiß nicht, warum genau ich darüber blogge; mir kribbelte es einfach in den Fingern, als ich meine Wand heute wieder ein wenig veränderte. Ich bin wahnsinnig froh, sie zu haben und finde es jeden Morgen aufs Neue erfrischend, all die bunten Teile anzusehen.

K U N S T   A U F   I H R E   G A N Z   E I G E N E   A R T   U N D   W E I S E .

Dienstag, 8. März 2011

MUSIK ALS SPIEGEL DES INNEREN

Vor kurzem wurde ich gefragt, was für Musik ich gerne höre. Ich antwortete etwas mit: "Zur Zeit..." und zählte einige recht alte Hard- bis Progressiverockbands auf. Und das stimmte auch. Allerdings ist mir heute bewusst geworden, dass es eine ziemlich blöde Antwort war. Was besser gewesen wäre? Hm, schwierig zu sagen. Ich lege mich so ungern fest, wenn es um die Musik geht. Letzte Woche hörte ich gerne wahnsinnig laute Musik, diese Woche ist das genau umgekehrt. Würde ich jetzt gefragt werden, antwortete ich: "Zur Zeit ruhigere Musik von Don McLean, Renan Luce oder Reggae von Bob Marley oder Jazz von Randy Newman, blablabla."
Solche Angaben sind bei mir immer Momentangaben. Es gibt auch Augenblicke, in denen Stille die schönste Musik ist.
Musik ist eine ganz besondere Art der Sprache, vielleicht die reinste Form der Kunst. Egal, was ich höre: Automatisch ruft es irgendwelche Gefühle und Gedanken hervor. Ob das nun die wunderbarsten Glückszustände oder genervte Ohrenschmerzen sind: Musik hat immer eine Auswirkung auf mich. Oft ist das auch bei Bildern oder Texten so, doch eben nicht wirklich immer. Musik dagegen ist universell, sie verbindet Menschen und ist nicht selten ein Ventil für angestaute Gefühlsregungen.
Und so variiert auch mein Empfinden für "gute" und "schlechte" Musik je nach Stimmung, Gesamtsituation und Laune.
Kunst in irgendeiner Weise zu klassifizieren, zu werten und zu verurteilen, traue ich mich sowieso nicht. Niemals könnte ich mir dieses Recht herausnehmen: Damit würde ich mich selbst nämlich über das kreative Werk eines Menschen stellen. Ob es mir persönlich nun gefällt oder nicht, ist eine ganz andere Frage.
Nach musikalischen Gesichtspunkten, Rhythmen, Melodiebögen, irgendwelchen Stilmitteln und mehr oder weniger gelungenen Kunstgriffen lässt sich ein Stück oder eine Performance sicherlich beurteilen, doch ist das dann lediglich die Fassade, in der die Musik daher kommt. Natürlich höre ich lieber ein richtiges Werk eines begabten Musiker, als irgendwelches Gedudel einer Neunzehnjährigen, die so stöhnt, als leide sie an den grässlichsten Magenkrämpfen; doch kann auch ein auf den ersten Blick unangenehmes Stück viel für jemanden bedeuten.Was darin steckt, das ist für mich persönlich mindestens genauso wichtig. Ich schätze Musik als Handwerk ebenso sehr, wie Musik als Spiegel des Inneren.
Selbst der schlechteste Sänger kann Menschen berühren, wenn er etwas transportiert.

V I E L L E I C H T    S E H E   I C H   D A  S   A B E R   A U C H   V I E L   Z U   V E R T R Ä U M T ?

Montag, 7. März 2011

DER ZAUBER EINES BRIEFES

Ich liebe Briefe. Sie kommen stets aus der Vergangenheit und erzählen doch so viel über den Menschen, der sie geschrieben hat. Wenn ich einen Brief schreibe, nehme ich Papier zur Hand und tauche für fünf bis neunzig Minuten ein in das geschriebene Wort und schreibe alles nieder, was mir im Kopf herum schwirrt. Ob es nun schöne oder traurige, fröhliche oder verzweifelte Briefe sind: In jedem von ihnen steckt ein Stück von mir selbst.
Jemand, den ich sehr schätzte, erklärte mir einmal, dass E-Mails oder Facebook oder irgendwas anderes niemals Briefe werden ersetzen können. Und ich hoffe, er hatte Recht.
Es ist unbeschreiblich schön, ein Stück Papier in der Hand zu halten, das von Hand beschrieben wurde und in welchem Leben steckt. Der Verfasser hat sich persönlich an den Empfänger gewandt und nieder geschrieben, was ihm auf der Seele brennt. Vielleicht riecht der Brief sogar noch nach dem Absender oder irgendwo sind Fingerabdrücke, getrocknete Tränen oder auch ein kleiner Riss: All das macht einen Brief so einzigartig. Jeden Brief gibt es nur einmal auf dieser Welt. Er kommt von jemandem Bestimmten und geht an jemanden Bestimmten, im Gepäck Glückwünsche, Versprechungen, Gedanken,Wünsche, Ängste und Vermutungen.
"Wenn wir wüssten, wie dem Empfänger zumute ist, Elvira, wo würde noch ein Brief geschrieben? Das macht den Zauber eines Briefes: Er ist ein Wagnis..."  Max Frisch - Santa Cruz
Ohja, er ist ein Wagnis. Ein Wagnis, das ich jederzeit wieder eingehen werde und von dem ich inständig hoffe, dass es auch andere weiterhin eingehen werden.
Es gibt soviel, was ich gerne sagen würde: Manchmal, wenn der Augenblick aber gekommen ist, purzeln alle Wörter vollkommen falsch aus meinem Mund. Genau dann ist ein Brief die perfekte Lösung.
Briefe sind gepurzelte Wörter, die sich nach einer Weile einfach selbst anordnen. Beinahe wie Magie vermag es ein Brief, Menschen verständlich zu machen und er hilft ihnen dabei, sich zu äußern, wenn sie kein Wort über die Lippen bringen. Auf dem Papier schreiben sie dann nieder, was sie los werden möchten und hören so lange nicht auf, bis die Quintessenz begreiflich gemacht wurde.
Es kommt vor, dass ich Seiten über Seiten schreibe und dennoch gibt es keine Inflation: Aus jeder Zeile trieft die Sehnsucht, die sich erkennbar macht durch Unterstreichungen, Großbuchstaben und neu erfundene Wortkonstrukte. Während ich einen Brief schreibe, bin ich mit den Gedanken unentwegt beim Empfänger, offenbare mich selbst und bekunde zwischen den Zeilen immerzu mein vollstes Vertrauen.
Wie es wohl dem Empfänger dabei geht? Diese Frage brennt in mir und treibt mich dazu an, jeden angefangenen Brief auch zu vollenden.

" I C H   S C H R E I B  E   D I  R   E I  N E N   L A  N G E N   B R I  E F ,   
 W E I L   I C H   F Ü R   E I N E N   K U R Z E N   K E I N E    Z  E I T   H A B E . "

Freitag, 4. März 2011

VOM LICHT GEKÜSST

Heute Früh schien mir die Sonne mitten ins Gesicht und mir wurde plötzlich warm. Nicht äußerlich, sondern innen. Alles erschien auf einmal sanfter, schöner, heller. Ich fühlte mich wahnsinnig gut, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Dieser unscheinbare Augenblick aber, in dem ich vom Guten wie geblendet schien, war mein Start in den Morgen. Von da an stand für mich fest: Was auch passiert, es trifft mich niemals so hart,wie an gewöhnlichen Tagen.
Und dann bin ich auf dieses Plakat gestoßen. Vor ungefähr einem Jahr habe ich es entworfen und am Bahnhof in Besigheim aufgehängt. Nach einer knappen halben Stunde wurde es von irgendwelchen rüpelhaften Jugendlichen (welch schöne Ausdrucksweise! :D) abgerissen, doch schenkte ich es dafür meiner Schwester.
Sarah? Das hier ist für dich. Der Tag heute ist wunderschön und du bist dabei, auch wenn ich gleich gehe. Du hasst den Sommer, weil du es lieber magst, Trübsal blasend im Winterpulli zu sitzen und Schokolade in dich hinein zu stopfen, doch wirst auch du dieses Jahr die Sonne und die damit verbundene Wonne genießen. Dafür werde ich schon sorgen, meine Liebe!

I C H   N E H M   M I R    D A S   P L A K A T   Z U   H  E R Z E  N .

Mittwoch, 2. März 2011

VORSCHNELLE SCHLÜSSE

In den letzten Tagen bin ich häufig in Gespräche geraten, in denen ein anderer vorschnell geurteilt hat. Da wird jemand wegen einer einzelnen schrägen Aussage verurteilt, aufgrund einer vielleicht ungewohnten Reaktion auf irgendwas wird auf eine Krankheit geschlossen und überall wird fehlinterpretiert und viel zu schnell gewertet.
Wenn ich einen Text von Goethe lese, muss ich nicht sofort darüber nachdenken, ob er mir sprachlich gefällt und ob meine Meinung damit konform geht; ich beginne erstmal damit, ihn zu verstehen. Wenn ich nämlich schon am Verständnis scheitere, kann ich mir den Rest sparen.
Ein anderes Beispiel: Heute sprach ich mit einer Freundin über die Menschenkette vom Atomkraftwerk Neckarwestheim nach Stuttgart, an welcher ich teilnehmen möchte. Ein Unbeteiligter klinkte sich ungefragt ein: "Häh? Warum wollt ihr denn bei etwas GEGEN Atomkraft mitmachen? Ihr habt doch gar keine Gründe dafür." Achso. Wie gut, dass er so etwas schon weiß, dann kann er sich das diskutieren ja sparen. Ob er unsere Gedanken und unsere (scheinbar nicht vorhandenen) Beweggründe vielleicht gerochen hat? Verriet unser Körpergeruch uns? Oder womöglich unsere Augenfarbe?
Schwachsinn. Blöd war das einfach. Und leider ist das nicht nur bei politischen Themen so, wo einige Menschen oft eine fest gefahrene Meinung haben, sondern auch im stinknormalen Alltag.
Allzuoft wird von etwas winzig Kleinem, Unbedeutendem auf einen monströsen Apparat von seltsamen Marotten, familiären Hintergründen oder Dummheit geschlossen. Ich würde mir wünschen, dass es einfach mehr Milde gibt. Wenn die Dinge sachlich und ruhig betrachtet werden und man sich Zeit lässt, ein Urteil zu fällen und sich gründlich eine eigene Meinung bildet, funktioniert doch alles viel besser und man ist obendrein gerechter und muss sich nicht laufend über andere aufregen.
Außerdem gibt man dadurch auch sich selbst die Chance, Menschen kennen zu lernen, die die Welt anders sehen als man selbst.

E S   G I B T   A U C H   N O C H   E T W A S   Z W I S C H E N   G U T   U N D   B Ö S E .