Irgendwo auf dieser Welt gibt es einen Mann, der absolut zufrieden ist. Momentan sitzt er inmitten von beschäftigten Leuten, die den ganzen Tag mit ihrem Telefon an den Ohren und einem vollen Terminkalender durch die Stadt rasen, um rechtzeitig zu ihrem Meeting oder zur nächsten S-Bahn zu kommen. Er lächelt.
In einem kleinen Café lässt er sich eine heiße Schokolade schmecken, während die Welt um ihn herum im Chaos versinkt. Die S-Bahn hat Verspätung, das Handy hat den Geist aufgegeben und dieser verfluchte Terminkalender wurde im Büro vergessen; außerdem hat der Chef das Meeting um zwanzig Minuten verschoben, was die komplette Tagesplanung durcheinander wirft.
So kommt es, dass drei gestresste und geladene Geschäftsmänner ebenfalls das Café betreten, um die Zeit zur nächsten S-Bahn, dem verschobenen Meeting oder bis zur Ankunft des Taxis zurück ins Büro zu überbrücken. Am Tisch unseres lächelnden Protagonisten sind noch drei Plätze frei, weswegen die drei Herrschaften mit hochroten Köpfen nicht lange zögern. Vollkommen irritiert von der Ruhe, die den Schokoladentrinker umgibt, können sie sich weder auf ihre Bestellung noch auf die Zeit konzentrieren.
"Sag, wie kommt es, dass du so ausgeglichen bist?", fragen sie staunend und kommen nicht aus dem Kopfschütteln heraus. "Musst du nicht arbeiten? Wie kannst du einfach hier sitzen und lächeln? So ganz alleine... Hast du denn nichts zu tun?" Erst bringt er nur ein erheitertes Lachen zustande, dann antwortet er unbeirrt: "Auch ich habe meine Bahn verpasst. Bis die nächste kommt, dauert es noch eine halbe Stunde. Und die verbringe ich lieber gemütlich im Sitzen, als so gehetzt wie ihr."
Das verstehen die anderen nicht. Erzürnt entgegnen sie, dass sie doch auch hier sitzen und auf die Bahn warten, um dann zu ihren Terminen zu kommen.
"Eben.", antwortet er gelassen, "Das ist das Problem. Ihr sitzt, seid aber eigentlich schon in der Bahn. Wenn ihr in der Bahn seid, seid ihr schon bei eurem Termin und wenn ihr dann euren Termin habt, denkt ihr schon lange darüber nach, was als nächstes getan werden muss. Wenn ich dagegen sitze, sitze ich. Und wenn ich Kakao trinke, trinke ich ihn. Während ich warte, warte ich. So einfach ist das."
Darauf erwidern sie nichts. Stille. Mit offenem Mund denken die drei Gestressten über das Gesagte nach und als sie kurz davor sind, zu verstehen, klingelt irgendwo im Café ein Handy und erinnert sie daran, dass sie dringend noch in einen Fachhandel müssen, um sich vor dem Meeting noch ein neues Handy zu besorgen. Also packen sie ihre Mäntel und rennen aus dem Café heraus ohne sich zu verabschieden, schließlich kommt die nächste S-Bahn schon bald. Wo ist denn nun das nächste Elektronikgeschäft? Immer noch mit hochrotem Kopf verschwinden die drei Gestalten im Tumult der Großstadt, wohlwissend, dass sie ihre nächste S-Bahn auch verpassen werden.
U N T E R D E S S E N G E H T D E R M A N N G E M Ü T L I C H Z U R B A H N U N D S T E I G T E I N.
Donnerstag, 10. März 2011
"WÄHREND IHR HETZT, BIN ICH."
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