Wenn ich von dem "Jetzt" spreche, ist das eigentlich schon eine Lüge, denn es ist sofort vorbei. Ich war noch nie älter als jetzt. Und jetzt. Und jetzt. Versteht ihr, was ich meine? Es lässt sich nicht aufhalten. Wir werden älter, alles verändert sich und vergeht eines Tages. Wir Menschen haben dieser mysteriösen Kraft, diesem unermüdlichen Weiterlaufen der Veränderung einen Namen gegeben. Es ist die Zeit.
Sie vergeht, da können wir gar nichts dagegen tun. Als Kind scheint sie wahnsinnig langsam zu gehen, viele wünschen sich, auch bald groß zu sein und Dinge zu tun, die Kinder eben nicht tun können. Und dann ist man eines Tages "groß" und alles, was von der Kindheit übrig ist, sind vereinzelte Erinnerungsstücke und naürlich man selbst. Denn ob es um das vierjährige Julchen geht, das ihre Mama voll Ernsthaftigkeit fragt, ob das Christkind eigentlich nachtaktiv sei, oder um die erwachsene Frau, die ich irgendwann mal sein werde: Ich bin immer ich.
Zeit vergeht, Dinge wandeln, Entscheidungen werden getroffen - das Leben verändert sich. Ich aber bin immer Jule. Ich wünsche mir sehr, dass ich als Siebzigjährige immer noch sagen werde: "In mir steckt das Kind von einst. Ich bin das Kind von einst, ich bin Julchen." Jeder ist einmal Kind gewesen. Ob er sich noch aktiv daran erinnert, ist eine andere Frage. Es wäre wohl schön, wenn es mehr Leute täten.
Aber wisst ihr was? Ich denke, jeder von uns hat diese Fähigkeit. Ich denke, die Kinder im Inneren der allermeisten Leute leben immer noch und ab und an blitzen sie durch die müden und alt gewordenen Augen. Wie durch ein Wunder scheint das ganze Gesicht zu leuchten, all der Frust löst sich in ein offenherziges Lächeln auf und jeder kann es sehen: Das Kind von einst, das wir immer noch sind.
D I E V E R G A N G E N H E I T - S I E W I R D U N S B E G L E I T E N B I S I N D I E E W I G K E I T .
Donnerstag, 24. März 2011
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2 Kommentare:
Sein Blick ist vom Vorübergehen der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf—. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille—
und hört im Herzen auf zu sein.
Ein großer Mensch ist derjenige, der sein Kinderherz nicht verliert.
(Mengzi, chinesischer Philosoph 370-290 v. Chr.)
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