H e r b s tVON CHRISTIAN MORGENSTERN
Zu Golde ward die Welt;
zu lange traf
der Sonne süßer Strahl
das Blatt, den Zweig.
Nun neig
dich, Welt, hinab.
Bald sinkt's von droben dir
in flockigen Geweben
verschleiernd zu -
und bringt dir Ruh,
o Welt,
o dir, zu Gold geliebtes Leben,
Ruh.
Okay, ich gebe es zu. Ich habe dieses Gedicht nicht zufällig irgendwo gelesen und fande es schön, ich habe aktiv nach einem Herbstgedicht gesucht. Und da habe ich das hier gelesen und es hat mich fasziniert. Die Sprache ist wunderbar, der Inhalt sowieso.
Wie schön ist denn bitte die vorletzte Zeile? "Zu Gold geliebtes Leben". Wow. Sonst sind Herbstgedichte immer so deprimiert und niedergeschlagen, es wird von eingeschlafenem Leben, vergangener Schönheit und zerstörter Pracht geredet und was ist hier? Das Leben ist nicht zu Braun verwelkt, es ist zu Gold geliebt.
Die Welt schläft nicht deprimiert und niedergeschlagen ein, ihr wird Ruhe gegönnt. Die Sonne hat die Natur so lange verwöhnt, dass diese sich eine Pause verdient hat.
Die Welt verfällt im Herbst nicht etwa in eine graue Depression, sondern in eine selige Ruhe, um im Frühjahr dann wieder aufzuwachen, die Sonnenstrahlen wieder freizulassen und ein neues Jahr beginnen zu lassen.
J E D E R B R A U C H T M A L E I N E P A U S E .
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